Das richtige Fass macht den Unterschied – Die Kunst der Whiskyreifung

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Headern Whiskyfass

Die Reifung prägt den Whisky: Während der oft langjährigen Zeit im Fass entwickelt das Destillat sein besonderes Aroma. Dabei spielt die Art des Fasses eine große Rolle

Die langjährige Reifung im Fass unterscheidet Whisky maßgeblich von vielen anderen Spirituosen wie zum Beispiel Gin oder Wodka. Während der mindestens drei Jahre langen Lagerung entwickelt das Destillat in der Reaktion mit dem Holz sein typisches Aroma. Genauer: Das Aroma wird weiterentwickelt. Denn der Grundgeschmack, der bereits nach der Destillation entsteht, bekommt durch die Interaktion mit dem Holz, in dessen Strukturen es einzieht, eine spezielle Prägung. Auch optisch verändert das Destillat sich: Ist jeder Whisky nach der Destillation noch farblos, entsteht bei der Fasslagerung seine typische strohgelbe bis tiefbraune Farbe. Es ist also vor allem die Lagerung, die Whisky von anderen Getreidebränden abhebt. Auf welche Art der Whisky sich dabei verändert, hängt maßgeblich vom jeweiligen Fass ab.

HOLZART: FÜR DEN WHISKY IN DER REGEL EICHE

Zur Whiskyreifung wird traditionell Eichenholz verwendet. Allerdings unterscheiden sich die verschiedenen Eichenarten deutlich voneinander. Während die europäische Eiche eher würzige, kräftige und leicht bittere Noten abgibt, sind bei der amerikanischen Weißeiche cremige Töne von Vanille und Karamell charakteristisch. Die Mizunara-Eiche wiederum, die zur Fasslagerung vieler japanischer Whiskys verwendet wird, zeichnet sich durch besondere Töne wie Minze oder Kokos aus. Gelegentlich kommen auch andere Holzarten zum Einsatz.

Whiskyfässer: Die Holzart spielt eine wichtige Rolle.

FASSGRÖSSE: WIRKT SICH AUF DEN WHISKY AUS

Das nächste offensichtliche Unterscheidungsmerkmal bei der Auswahl des passenden Fasses stellt die Größe dar. Tendenziell geben kleinere Fässer in kurzer Zeit mehr Aroma ab als größere, da hier im Verhältnis mehr Holzoberfläche mit dem Destillat in Kontakt kommt. Ein bekanntes Beispiel hierfür sind die sogenannten Quarter Casks, bei denen durch eine Reduzierung der Fassdauben eine langgestreckte Form entsteht und die Oberfläche im Verhältnis zum Volumen stark vergrößert wird. Ob eine so schnelle, intensive Reifung sinnvoll ist, hängt allerdings vom gewünschten Ergebnis ab. Es gibt Destillate, die erst nach vielen Jahren ihr volles Potential entfalten. Sie sollten daher eher in einem größeren Fass reifen, das sein Aroma nur langsam abgibt, ohne den Grundgeschmack des Destillats zu sehr zu überlagern.

Zu den bekanntesten Fasstypen zählen neben dem Quarter Cask (ca. 50-125 l) auch Sherry Butt (ca. 478-500 l), Port Pipe (ca. 500-650 l), Hogshead (ca. 225-250 l), Barrique (ca. 225-300 l) und American Standard Barrel (ca. 180-200 l). Allerdings sind die Bezeichnungen und Größen nicht streng reglementiert und können regional voneinander abweichen.

AUSBRENNEN FÜR INTENSIVEREN GESCHMACK 

Vor der Reifung werden die Fässer häufig mit Hitze behandelt. Hierbei entsteht eine Holzkohleschicht im Inneren des Fasses. Sie vergrößert die Oberfläche, lässt das Destillat tiefer ins Holz eindringen und dient als Filter für unerwünschte Bestandteile in der Flüssigkeit. Außerdem verleiht die Karamellisierung des Holzes, die beim Ausbrennen entsteht, dem Whisky häufig eine charakteristische Süße und Noten von beispielsweise Vanille oder Toffee. Dieser Prozess lässt sich in verschiedenen Intensitäten durchführen, vom sanften „Toasting“ („Rösten) bis zum intensiven „Charring“ („Ankohlen). Den stärksten Grad des Ausbrennens nennt man „Alligator Char, weil die aufgeplatzte Oberfläche an die Haut eines Alligatoren erinnert.

Aromen können beim Whisky von süß bis schwer reichen.

VORHERIGE VERWENDUNG DER WHISKYFÄSSER

Für die Herstellung von Bourbon und Tennessee Whiskey dürfen ausschließlich neue Barrels, wie Fässer in Nordamerika genannt werden, verwendet werden. Das sorgt für eine intensive und schnelle Reifung sowie einen oft holzbetonten Geschmack. Bei anderen Whiskys dagegen dürfen auch Fässer verwendet werden, die vorher bereits zur Lagerung von Spirituosen oder Wein genutzt wurden – so werden die „Casks“, wie die Fässer auf den Britischen Inseln heißen, meist bereits für andere Spirituosen verwendet. Dafür gibt es zwei gute Gründe. Erstens: Die Fassherstellung ist aufwändig. Sie ist auch heute immer noch in hohem Maße Handarbeit, der Rohstoff Eichenholz ist teuer und entsprechend hoch sind die Kosten. Deshalb werden Fässer üblicherweise mehr als einmal verwendet und gebraucht verkauft. Unterschieden wird zwischen unbenutzten Fässern (Virgin Oak), erstmalig wiederbefüllten Fässern (First Fill – zum Beispiel der Befüllung von Ex-Sherry-Fässern) und vielfach wiederbefüllten Fässern (Refill). Es ist auch üblich, die Fässer nach mehrmaliger Verwendung aufzubereiten (z. B. durch Auskratzen oder erneutes Ausbrennen), um dem Holz neue Aromen zu entlocken, zumal die aromatische Intensität der Fässer sich mit jeder erneuten Belegung verringert. Damit sind wir schon beim zweiten Grund: Im Holz der Fässer ist das Aroma der vorherigen Belegung „eingespeichert“. War zuvor US-Bourbon im Fass, nimmt der Nachfolger, zum Beispiel Scotch, dessen Noten mit auf. Ehemalige Rotweinfässer sorgen für fruchtige Noten und viel Körper. Damit lassen sich bei der Fassreifung spannende neue Aromen und Geschmäcker herstellen. Besonders dann, wenn während der Reifezeit verschiedene Fässer zum Einsatz kommen und der werdende Whisky umgefüllt wird. So reifen viele Whiskys zunächst in ehemaligen Bourbon-Fässern heran und erhalten ihr sogenanntes Finish in alten Wein-, Sherry- oder Portweinfässern. Auf den Flaschen sind dann oft Begriffe wie „Double Cask“ oder „Twin Wood“ zu lesen, manchmal aber auch „Triple Cask“ oder „Three Wood“ – dann kamen also gar drei Fassarten zum Einsatz.

TYPISCHE AROMEN VORBELEGTER FÄSSER

Bourbon – Karamell, Vanille,

Süße Rum – süß, schwer, Melasse,

Vanille Ruby Port – fruchtig, beerig, süß

Tawny Port – fruchtig, leicht trocken, manchmal nussig

Fino Sherry – trocken, leicht fruchtig

Manzanilla Sherry – trocken, leicht salzig

Oloroso Sherry – nussig, tief, reife Früchte

Pedro Ximénez – marmeladig, fruchtig, Rosinen

Madeira – leicht fruchtig, süß, Gewürze

Rotwein – beerig, fruchtig, schwer, manchmal leicht bitter

Weißwein – Zitrusnoten, exotische Früchte, Frische, von süß bis trocken

FAZIT: DAS FASS PRÄGT DEN WHISKY

Rund ein Drittel des Whisky-Geschmacks entsteht beim Destillieren – durch die verwendeten Getreidearten, die Hefekultur für die Fermentation und das angewendete Destillationsverfahren. Das heißt aber auch: Rund zwei Drittel des Geschmacks entstehen bei der Fassreifung. Und weil hier so viele Einflussfaktoren ins Spiel kommen, von der Fassgröße bis zu dessen Vorbelegung, wird Whisky niemals langweilig und bietet unglaublich viele Aroma-Facetten. Perfekt für den puren Genuss, für Whisky-Cocktails oder auch kombiniert mit Speisen!