Interview mit Götz Braake: Leadership & Teambuilding

Lesedauer : 7 min
Götz Braake

Mit Götz Braake aus dem METRO Gastro-Beratungsteam sprachen wir über Möglichkeiten, wie sich die aktuelle Situation für Veränderungsprozesse im Team des Betriebs nutzen lässt.

The New Normal - Neue Arbeitswelt Gastronomie

Mit Götz Braake aus dem METRO Gastro-Beratungsteam sprachen wir über Möglichkeiten, wie sich die aktuelle Situation für Veränderungsprozesse im Team des Betriebs nutzen lässt.  
 

Wir befinden uns zum Stand des Gesprächs immer noch im Lockdown. Wie nimmst du die Situation in der Gastronomie wahr, was das Thema Team betrifft?  

 Unterschiedlich. In Betrieben, die bisher vor allem mit Aushilfen und Minijobbern gearbeitet haben, ist der Kontakt schwach geworden, die WhatsApp-Gruppen versanden. Solche, deren Mitarbeiter in Kurzarbeit sind, haben meist regelmäßigen Austausch. Und es gibt ja auch Betriebe, die von sich aus die Kurzarbeit aufstocken und in ihre Mitarbeiter investieren. Manche haben dafür mit ihren Leuten einen Deal gemacht.  
 

Was für einen Deal?  

 Zum Beispiel, dass die Gastronomen jetzt aufstocken und dafür im Gegenzug einfordern, dass die Leute bei mir bleiben und dann, wenn es wieder losgeht, bereit zu erhöhter Flexibilität sind, also auch Überstunden machen, wenn der Bedarf da sein sollte. Natürlich im gesetzlichen Rahmen.  
 

Stichwort „wenn es wieder losgeht“: Noch gibt es leider keinen Termin, aber es fühlt sich schon ein bisschen danach an. Dann ist jetzt doch eine gute Zeit fürs „Reboarding“, also den Wiedereinstieg und die Vorbereitung auf den Neustart?

Absolut. Es wird ja darum gehen, in einem neuen Umfeld eine gewohnte Dienstleistung abzuliefern. Vermutlich werden erstmal nur die Außenbereiche öffnen dürfen. Die Mitarbeiter müssen wahrscheinlich Gäste registrieren, desinfizieren, sich eventuell den Impfpass der Gäste vorzeigen lassen – auf diese Dinge müssen sich die Betriebe so gut es geht schon jetzt vorbereiten. Wie statte ich meine Leute aus? Wie sind die Abläufe geregelt? Wie gestalten wir die Laufwege? Wie schützen wir uns? Zum Beispiel, indem zwei Teams gebildet werden, die abwechselnd arbeiten, damit wir im „worst case“ nicht komplett dichtmachen müssen? Das kann man jetzt definieren und trainieren. Ich muss mein Team auf das Hygienekonzept schulen. Und vielleicht wird ja auch die Speisekarte geändert – was macht aus Sicht der Köche Sinn, in der Sommersaison auf der Terrasse anzubieten? Wie bereite ich den Gästen ein tolles Erlebnis?  
 

Es stellen sich also sehr viele Fragen und es ist viel zu tun. Nun ist es ja so, dass die lange Pause die Motivation vieler in der Gastronomie Beschäftigten – verständlicher Weise – nicht gerade gefördert hat. 

Von Gallup (einem führenden Marktforschungsunternehmen, Anm. d. Red.) gibt es eine jährliche Studie zum Mitarbeiterengagement. Demnach sind rund 16% total engagiert – das sind die Leute, die auch jetzt mitziehen. Weitere 67%, also zwei Drittel, machen Dienst nach Vorschrift. Und rund 17% sind aktiv nicht engagiert – die wird die Gastronomie verlieren. Wir werden eine Fachkräfte-Abwanderung haben. Es geht also vor allem darum, die Leute aus der Gruppe B zu motivieren und bei der Stange zu halten, damit sie nicht weggehen.  

Und wie verhindere ich das, wie bringe ich die Motivation zurück? 

Die Betriebe können die aktuelle Zeit nutzen, um neue Unternehmensziele und Leitbilder zu entwickeln. Sie können jetzt an gemeinsamen Werten arbeiten, um hinterher im laufenden Betrieb den Zusammenhalt greifbar zu machen. Wir alle wurden von der Pandemie ausgebremst und daraus entsteht die Chance für Veränderung.
 

Was könnte man zum Beispiel verändern?

 Das Arbeiten auf die persönlichen Lebensphasen hin anzupassen. Junge Leute sind eher bereit, auch am Wochenende zu arbeiten. Mitarbeitern mit kleinen Kindern hingegen sollte man es ermöglichen, dass sie auch die Kinderbetreuung gut übernehmen können. Der eine wünscht sich also Flexibilität für den Beruf, der andere vor allem fürs Private. Dafür sind in der Gastronomie die Möglichkeiten durchaus vorhanden. Ich kann mit Jahresarbeitszeitkonten arbeiten, um Saisonschwankungen auszugleichen. Ich kann eine Vollzeitstelle auf zwei Teilzeitstellen übertragen, ich muss nicht nach dem Prinzip fünf Tage à 8 Stunden arbeiten. Ich sollte nur eben immer die Bedürfnisse der Mitarbeiter einbeziehen. Gastronomie findet im Rahmen des „magischen Dreiecks“ statt. An den drei Ecken stehen die Gäste, die Mitarbeiter und die Stakeholder. Jede Veränderung in einem Bereich hat immer eine sofortige Auswirkung auf die beiden anderen. Das Dreieck muss gleichseitig bleiben, damit die Arbeitsabläufe effizient, motivierend und profitabel bleiben.   

 

In vielen Branchen hat man sich im Zuge der Pandemie ja auch daran gewöhnt, zumindest einen Teil der Arbeit aus dem home office erledigen zu können.  

 Was in der Gastronomie natürlich etwas schwieriger ist. Aber es spricht aus meiner Sicht nichts dagegen, wenn beispielsweise der Küchenchef von zu Hause aus eine neue Speisekarte schreibt oder die Reservierungsabteilung im Hotel extern arbeitet. Wo es möglich und sinnvoll ist, sollte man es möglich machen.  
 

Können Betriebe gestärkt aus der Krise hervor gehen – und wenn ja, wie?  

 Jeder, der angefangen hat zu reflektieren und der seine Positionierung, seine Abläufe auf den Prüfstand gestellt hat, wird gestärkt aus der Krise hervor gehen. Ich habe im Prinzip drei Möglichkeiten, mit der aktuellen Situation umzugehen: Erstens – ich ändere die Situation. Das geht in einer Pandemie nicht. Zweitens – ich wähle einen anderen Weg, zum Beispiel indem ich die Branche verlasse. Oder drittens – ich akzeptiere die Situation so, wie sie ist, aber ändere meine Haltung dazu und mache das Beste daraus.  
 

Das spricht dann ja im Prinzip wieder die zwei Drittel der Gruppe B an, denen man zu einer Änderung verhelfen muss, oder?  

 Genau. Man nennt es situatives Führen: Je nach „Reifegrad“ des Mitarbeiters ist ein unterschiedlicher Führungsstil sinnvoll. Bei den Personen der Gruppe B geht es darum, das Potential zu erschließen, damit sie zu den Aktiven der Gruppe werden. Früher nannte man es „Jahresfeedback-Gespräch“, jetzt ist eine gute Zeit, um zu fragen: Was kann ich als Chef tun, damit es dir besser geht? Zeige ich Anerkennung und Wertschätzung, dann erhalte ich Loyalität.  
 
Über die Hotline 0211/9699910 stehen Götz Braake und das Beratungsteam der METRO Gastronomen bei Fragen zur Verfügung. Mehr Infos unter https://www.metro.de/service/gastro-hotline
Interview mit Götz Braake: Teamwork & Leadership