Das sind die Foodtrends 2020

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Das sind die Foodtrends 2020

Von Urban Gardening bis zur plastikfreien Verpackung - Nachhaltigkeit wird auch in 2020 die Lebensmittel- und Gastrobranche beschäftigen. Erfahren Sie hier, welche Foodtrends es außerdem zu entdecken gibt.

In ihrem neuen Foodreport 2020 präsentiert die österreichische Ernährungs- und Trendexpertin Hanni Rützler die wichtigsten Themen, die unsere Ess- und Gastronomiekultur der Zukunft prägen werden.

Essen prägt das Leben weitaus mehr, als uns meist bewusst ist. Oft ist Essen sogar ein überaus aussagekräftiger Spiegel tiefgreifender gesellschaftlicher Prozesse und Veränderungen – eine Tatsache, die der Alltag oft überdeckt und die nur erkennt, wer das Thema mit dem präzisen analytischen Blick des Wissenschaftlers untersucht. Eine dieser führenden wissenschaftlichen Autoritäten im Food-Bereich ist die gebürtige Bregenzerin Hanni Rützler.

Seit 2014 publiziert die Ernährungs- und Trendexpertin in Kooperation mit dem renommierten Zukunftsinstitut von Matthias Horx den alljährlichen „Foodreport“. Dieser gilt in der Branche mittlerweile als das tonangebende Standardwerk, wenn es darumgeht, die Food-Trends der Zukunft zu erfassen und als Gastronom, Produzent oder Handelsunternehmen entsprechend darauf zu reagieren.

Einer der wichtigsten Faktoren, um die Tragweite aktueller und zukünftiger Food-Trends zu erfassen: Essen ist längst nicht mehr alleine nur Nahrungsaufnahme oder Genusserlebnis, sondern zum wesentlichen identitätsstiftenden Element des Lebens geworden. Das Schlagwort „Du bist, was du isst“ gilt im Zeitalter von immer kritischerem Ernährungs- und Umweltbewusstsein mehr denn je: Wer z . B. vegan lebt, verbindet damit nicht nur ein persönliches, ethisch orientiertes Ernährungsbedürfnis, sondern setzt zugleich auch ein bewusstes gesellschaftliches Statement für und gegen bestimmte Formen der Nahrungsmittelproduktion.

Und wer sich in sozialen Medien als Foodie inszeniert, legt Wert darauf, seine persönlichen Essensvorlieben – und damit auch seine Ansprüche an Qualität, Ästhetik und Außergewöhnlichkeit – öffentlich zu machen und wird so selbst zum mitbestimmenden Trendsetter oder gar Influencer. Denn Essen ist im digitalen Medienzeitalter keineswegs mehr Privatsache, sondern auch Mittel der Selbstdarstellung und viel diskutiertes Lifestyle-Thema – Millionen Hashtags z .B. auf Instagram alleine zum Thema Food sprechen eine klare Sprache für sich.

In diesem großen und sich ständig verändernden Spannungsfeld von persönlichen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, ökologischen und politischen Faktoren, die unsere Ernährungsgewohnheiten beeinflussen, hat Hanni Rützler in ihrem aktuellen Foodreport 2020 vier maßgebliche Hauptströmungen definiert, die unsere Esskultur und damit auch die Lebensmittelproduktion und den Handel in Zukunft nachhaltig prägen werden. Eine der wichtigsten davon: das Verschwinden klassischer Mahlzeiten, wie wir sie bisher kannten. An deren Stelle tritt die sogenannte „Snackification“, der Genuss mehrerer kleinerer Mahlzeiten zu variablen Zeiten. Denn gemeinsam mit der Digitalisierung ist auch eine hohe Flexibilisierung nahezu sämtlicher Lebens- und Arbeitsbereiche eingetreten.

Snacks statt ganze Malzeiten

Statt zeitaufwendiger kompletter Menüs sind kleinere Portionsgrößen gefragt, Gerichte, wie sie z . B. in der südeuropäischen Mezze- und Tapas-Kultur Tradition haben, aber z . B. auch variable Öffnungszeiten in der Gastronomie und generell eine Esskultur, die keinen starren Regeln mehr unterliegt. Ein zweiter wesentlicher Faktor für Rützler: das Stichwort „ Eating Art“ und die immer größere Rolle, die Kunst und Design in unserer immer anspruchsvoller werdenden Esskultur spielen. Dieser Aspekt, so Rützler, geht weit über das Verschönern von Speisen durch Food Design hinaus und schafft durch die Arbeit von visionären Künstlern und Designexperten entscheidenden Mehrwert für eine Vielzahl an Food-Branchen.

Der dritte maßgebliche Aspekt des Foodreports 2020: „Beyond Plastic“, der Weg der Nahrungsmittelindustrie in eine zunehmend kunststofffreie Zukunft und die damit verbundenen Herausforderungen. Und das vierte große Thema: „Urban Food “, die Suche nach Lösungen für die Nahrungsmittelproduktion direkt in großen urbanen Ballungsräumen, von vertikalen Farmen in hohen Gebäuden bis zu gezüchteten Speiseinsekten als neue Proteinquelle oder auch die Herstellung von Fisch und Fleisch durch Gewebezüchtung im Labor. Den ersten Invitro-Burger hat Hanni Rützler bereits 2013 in London gekostet – in den kommenden Jahrzehnten zählt er eventuell zur Selbstverständlichkeit auf den Speisekarten der Burger-Restaurants der Zukunft.

Eating Art – Kunst und Design in der Esskultur

In ihrem neuen Foodreport 2020 zeigen Hanni Rützler und Co-Autor Wolfgang Reiter anhand zahlreicher Beispiele, welchen Mehrwert die Food-Branchen aus der (Forschungs-)Arbeit von Designexperten erzielen können. Zum Beispiel auch, wenn es um die Entwicklung nachhaltiger, umweltfreundlicher Verpackungen geht. Denn längst – so Hanni Rützlers These – geht es Designern, die sich mit Food beschäftigen, nicht mehr um die Verschönerung von Essen im Sinne klassischen Food Designs, sondern um ein grundsätzliches Hinterfragen und Neudefinieren unseres gesamten Ernährungssystems.

„Snackification“ statt klassischer Mahlzeiten

Vorspeise, Hauptspeise und Dessert oder ähnlich umfangreiche Menüfolgen waren gestern: Digitalisierung und Flexibilisierung des Alltags und der Arbeitswelt haben neue Strukturen von Zeitabläufen und Lebensgewohnheiten zur Folge. Gegessen wird nicht zu fixen Zeiten, sondern dann, wenn Gelegenheit dazu ist oder der Appetit danach verlangt. Mini-Mahlzeiten ersetzen daher mehr und mehr die traditionellen Mahlzeiten am Morgen, zu Mittag und abends. Und das heißt: Snacking wird zu einer neuen Art zu essen. Dabei kann grundsätzlich jede Speise zu einer Mini-Mahlzeit werden – ein Trend, der neue, flexiblere Gastro-Konzepte fordert und auch klassische Restaurants und Handelsunternehmen erreicht.

Mit Urban Gardening soll Lebensmittelproduktion auch in Städten ermöglich werden.

Urban Food – die Stadt als Nahrungsmittelquelle

Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung sind bereits Stadtmenschen. Und die Urbanisierung unseres Planeten schreitet rapide voran: Eine aktuelle UN-Prognose geht davon aus, dass bis 2050 zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten oder sogar in Megacitys mit mehr als zehn Millionen Einwohnern leben werden. Eine Herausforderung, die nicht zu letzt auch den Nahrungsmittelsektor betrifft: Unter dem Titel „Urban Food“ präsentiert der Foodreport 2020 die Rückkehr der Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion in den urbanen Raum, die vor allem durch neue Technologien und Kooperationsformen möglich werden wird, wie z.B. Vertical Farming oder In-vitro-Nahrungsmittelproduktion.

Beyond Plastic

Das globale Plastikproblem – Schätzungen gehen davon aus, dass die Menge des globalen Plastikmülls von derzeit rund 8 Milliarden Tonnen bis 2050 auf 12 Milliarden Tonnen anwachsen wird – stellt auch die Lebensmittelproduzenten und den Handel vor die immense Herausforderung, alternative Lösungen für Verpackungen und verpackungsfreie Systeme zu finden. Der Zukunft der Lebensmittelverpackung widmen Hanni Rützler und Wolfgang Reiter da her ein weiteres ausführliches Kapitel im Foodreport 2020 – u. a. auch mit nachhaltigen Lösungen, die Produktion, Verarbeitung, Vertrieb und Konsum von Lebensmitteln wieder näher zusammenführen wollen.

Alternative Verpackungsmaterialien sollen auch im Lebensmittelbereich für weniger Plastikmüll sorgen.

 

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Text: Nikolaus Prokop