The New Normal – Neue Arbeitswelt Gastronomie
Koch, Buchautor, Betreiber des besternten Restaurants „Anthony’s Kitchen“, kulinarischer Leiter des „Steigenberger Grandhotel & Spa“ in Bonn sowie Botschafter für gesunde Lebensweise bei der „Gesellschaft für Prävention“: Der Gastronomie-Unternehmer Anthony Sarpong ist auf vielen Feldern und Ebenen aktiv. Und: Er ist ein großer Befürworter der Nachhaltigkeit in der Gastronomie. Die ist für ihn weit mehr als ein Trend: Sie steht für Respekt und Verantwortung. Wir haben uns mit ihm unterhalten.
Herr Sarpong: Wie geht es Ihnen, Ihrem Team und ihrem Unternehmen?
Es geht uns gut. Wirklich sehr gut. Ich musste niemanden entlassen, niemand ist in Kurzarbeit. Unser großes Glück ist, dass wir medial recht stark sind und eine große Reichweite haben. Die Kochboxen, die wir aktuell verkaufen, werden sehr gut angenommen. Wir haben dadurch ganz neue Gäste, wir schicken sie nach Hamburg, Berlin, nach Belgien und Österreich – man könnte sagen, wir ernten die Früchte der harten Arbeit der vergangenen Jahre.

Wir möchten mit Ihnen über das große Thema Nachhaltigkeit sprechen. Sie haben ja kürzlich den „grünen Michelinstern“ erhalten. Den bekommen seit letztem Jahr Betriebe verliehen, die sich durch beispielhaftes Natur- und Umweltbewusstsein auszeichnen.
Wir haben nicht damit gerechnet und haben uns riesig darüber gefreut! Allerdings arbeiten wir auch schon seit vielen Jahren nachhaltig.
Was bedeutet Nachhaltigkeit für Sie?
Ich bin Gast auf diesem Planeten. Und so sollte ich mich auch verhalten: Wie ein guter Gast. Wir übergeben den Planeten schließlich an unsere Kinder, und die sollen Spaß daran haben, hier zu leben. Ihnen den Planeten in Schutt und Asche zu hinterlassen, wäre respektlos. Genauso sollten wir Respekt vor der Natur haben, vor den Pflanzen und den Tieren. Eigentlich ist Nachhaltigkeit nichts anderes als Wertschätzung gegenüber dem Planeten. Ich bin in Ghana geboren worden. Dort werden Lebensmittel nicht weggeworfen. Es wird nur gekocht, was man auch verzehrt. Diese Haltung habe ich mit nach Deutschland genommen. Wenn ich ein Tier esse, dann bin ich mir im Klaren darüber: Dieses Tier ist für mich gestorben. Das verlangt einen respektvollen Umgang, finde ich.

Wie äußert der respektvolle Umgang sich konkret in der Gastronomie?
Zum Beispiel allein, welches Messer ich verwende. Einen Fisch mit einem stumpfen Messer zu zerlegen, finde ich respektlos.
Wie setzen Sie Nachhaltigkeit in Ihren Betrieben konkret um?
Da gibt es viele Dinge. Wir arbeiten mit Partnern, die ökologisch handeln. Wir schauen uns die genau an und recherchieren: Woher beziehen die ihre Ware, wie bauen sie ihre Produkte an? Wir vermeiden Plastikmüll und fordern unsere Lieferanten auf, uns keinen Plastikmüll dazulassen.

Also auch die METRO.
Na klar, das geht! Der Lieferservice nimmt die Ware heraus und nimmt die Verpackung wieder mit. Man muss es seinen Lieferanten eben nur sagen.
Sie stehen ja auch mit vielen politischen Akteuren im Dialog. Was finden Sie in Sachen Nachhaltigkeit besser: Vorgaben oder Eigenverantwortung?
Wer nach Vorgaben handelt, handelt nicht aus Überzeugung. Ich möchte ehrlich gesagt auch nicht, dass mir jemand was vorschreibt. „Du musst“ mag ich nicht. Ein Komitee von Köchen, die in der Öffentlichkeit stehen und sich für Nachhaltigkeit einsetzen, das wäre gut. Die ihre Erfahrungen teilen und zeigen: das funktioniert! Ich mache ja auch keine Geheimnisse daraus. Die Frage ist doch: Wie geht man an die Sache heran? Viele Gastronomen sind scheu und denken, Nachhaltigkeit sei teurer. Ist sie aber nicht unbedingt.

Man kann mit der Verwendung von Resten sogar Geld sparen, weil man daraus neue Speisen oder Produkte herstellen kann.
Ja, und das ist für mich selbstverständlich. Ein guter Koch schmeißt nichts weg! Schalen und Abschnitte kann man auskochen, man kann Fonds und Brühen herstellen und vieles mehr.
Nachhaltigkeit hat auch eine soziale Komponente. Welchen Umgang pflegen Sie als Chef?
Dein Team ist alles, ohne dein Team bist du nichts. Ich begegne meinen Mitarbeitern auf Augenhöhe. Wir arbeiten gemeinsam, wir essen gemeinsam. Und du merkst schnell, wenn jemand Verantwortung übernehmen und Entscheidungen treffen möchte. Dann solltest du ihm Vertrauen geben. Dazu gehört auch, dass man Fehler machen darf. Dann geht man das gemeinsam durch und arbeitet das aus.

Und wie binden Sie Ihre Mitarbeiter ins Thema Nachhaltigkeit ein?
Hast du schon mal alleine geklatscht? Das sieht scheiße aus und klingt auch so. Klatschen geht nur zusammen! Man muss seine Mitarbeiter unbedingt mit auf eine Reise nehmen.
Wir haben unser eigenes Beet am Restaurant und bauen unter anderem Chili, Kohlrabi, Waldmeister und Minze an. Im Frühling und Sommer haben wir Schmetterlinge und Bienen bei uns zu Gast, das ist richtig schön! Und wir haben in der Nähe von Meerbusch Land, wo wir noch mehr eigenes Gemüse anbauen.

Doch die Zeiten für die Gastronomie sind hart. Für viele geht es gerade ums Überleben. Wie sehen Sie die Situation – und ist da überhaupt Platz für Nachhaltigkeit?
Man muss kreativ sein. Gerade jetzt. Jetzt gewinnen diejenigen, die umdenken. Das tun wir auch gerade wieder: Unser Sternelokal ist jetzt ein Pop-up-Shop geworden, dafür haben wir extra eine Konzession beantragt. Wir verkaufen Lebensmittel von Bio-Eiern und Kartoffeln über Nudeln, Olivenöl bis zu Weinen. Wir sind jetzt ein kleines süßes Deli (lacht). Und natürlich sind wir auch hier nachhaltig: Die Leute können ihre eigenen Tupperdosen mitbringen, wir nehmen Papier zum Einpacken und kein Plastik, und wer keine Dose mitbringt, kann sich Weckgläser ausleihen. Man muss sich einfach trauen. Und es kommen bald noch viele weitere spannende Sachen von uns. Über die kann ich aber gerade noch nicht sprechen (lacht).
Wir behalten es im Auge und sagen danke für das inspirierende Gespräch!
www.anthonys-kitchen.de
Das Thema Nachhaltigkeit ist für METRO ein wichtiger Teil der Unternehmensstrategie: Eine Übersicht ausgewählter Aktivitäten:

Mehr zum Thema Nachhaltigkeit bei METRO gibt es hier:
https://www.metro.de/unternehmen/nachhaltigkeit