Was den Charme der Gastronomie ausmacht – viele kleine, familiengeführte Unternehmen, individuelle Konzepte, besonderes Ambiente, oft ein sehr persönlicher Stil –, ist spätestens mit dem Beginn der Corona-Krise zu einer großen Herausforderung geworden: Denn auf einmal sahen sich alle Betriebe mit zahlreichen Anforderungen und Verordnungen konfrontiert – Hygienemaßnahmen, Regelungen zu Abstand und Co., nur Außer-Haus-Verkauf, Wiedereröffnung unter Auflagen und dieses leider bereits mehrfach. Schnell stellten viele Betriebe fest, dass sie nicht nur Fragen und Informationsbedarf haben, sondern sich auch ungerecht und unzulänglich behandelt, wenn nicht gar von der Politik im Stich gelassen fühlen. Aber: Sie stellten auch schnell fest, dass es ihren KollegInnen ringsherum genauso geht – auf einmal wurde das sprichwörtliche Boot, in dem alle sitzen, sichtbar. Die beispiellose, schwierige Situation, in der sich die Branche wiederfand (und das bis heute), hat ein neues Gemeinschaftsgefühl hervorgebracht. Schnell entstanden viele neue Initiativen, Zusammenschlüsse und Interessengemeinschaften auf lokaler, regionaler und überregionaler Ebene – und existieren bis heute fort.
Bessere
Kommunikation mit den Behörden
Zum
Beispiel in Köln: Die dortige IGKölner Gastro wurde
2020 kurz vor der Pandemie gegründet mit der Absicht, „ein gutes Verhältnis mit
Ordnungs- und Gewerbeamt auf Augenhöhe zu organisieren und feste
Ansprechpartner zu finden“. Schnell sollte sich zeigen, wie wichtig das Ziehen
an einem Strang werden sollte: Mehr Außenflächen (u.a. in Parkbuchten), längere
Öffnungszeiten, kurzfristige Genehmigungen und vieles mehr hat der Verbund
Kölner GastronomInnen mit den Ämtern bereits erfolgreich verhandeln können – in
der Domstadt wurde sogar eine „Zentrale Anlaufstelle Gastronomie“ im
Ordnungsamt eingerichtet. Auch in Dortmund, Hamburg, Dresden, Berlin und vielen
anderen Städten, auch kleineren, haben sich solche neuen „Gastro-Communitys“
gebildet oder wurden bereits bestehende Strukturen gefestigt und erhielten
neuen Zulauf. Manchmal sind sie ein eingetragener Verein, manchmal nur eine
lose Facebook-Gruppe. Manchmal operieren sie auf Stadtteilebene, manchmal
bundesweit wie der ebenfalls 2020 gegründete Gastgeberkreis.
Überall ergänzen neue Gruppen schon länger bestehende Strukturen wie z.B. den
Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) und vertreten die Interessen ihrer
Mitglieder. Auch für Behörden stellt dies einen Vorteil dar. Denn wenn sich
Unternehmen mit ähnlichen Anfragen, Wünschen und Bedürfnissen bündeln und sie
ansprechen, führt dies im besten Fall schneller zur Entscheidung bzw. zum Ziel.
Die
Verbundenheit wird auch untereinander gestärkt
Diese neue Verbundenheit in der Gastronomie hat noch einen weiteren positiven Effekt: Viele Betriebe, die bislang als „Einzelkämpfer“ unterwegs waren, tauschen sich in diesen Netzwerken nun intensiver als zuvor mit KollegInnen aus. Tipps werden geteilt, Erfahrungswerte verglichen, neue Ideen entstehen. Natürlich stehen alle Betriebe letztlich miteinander im Wettbewerb um die „Ressource Gast“ und wollen Betriebsgeheimnisse wahren. Doch es hat sich gezeigt, dass man auch in diesem Sinne gemeinsam stärker ist. Wenn sich z.B. ein Kiez oder Stadtteil gemeinsam gastronomisch präsentiert, dann steigert das die Sog-Wirkung und zieht noch mehr Publikum und somit Gäste an. Ein besonders schönes Beispiel kommt aus Wiesbaden: Seit dem vergangenen Jahr betreiben mehrere Cafés und Restaurants am Sedanplatz gemeinsam den Kiezgarten, einen Biergarten mitten auf dem Platz. Der Getränkeumsatz wird geteilt, Speisen bestellen die Gäste individuell bei den Restaurants – und die Wiesbadener sind begeistert.