Kennzahlen und Kalkulation: Mehr Transparenz, mehr Sicherheit, mehr Gewinn

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kalkulation

Seine Zahlen zu kennen und Verkaufspreise exakt zu kalkulieren, ist in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten wie diesen wichtiger als je zuvor. Ein Mathe-Genie muss man dafür nicht sein: Wir zeigen, wie sich moderne Kalkulationsverfahren mit digitaler Unterstützung einsetzen lassen.

The New Normal - Neue Arbeitswelt Gastronomie

Erst Corona, dann Energiekrise, steigende Preise und Personalkosten: All dies bedeutet für Restaurants, Cafés, Cateringunternehmen und Co. eine große wirtschaftliche Herausforderung. Mehr denn je ist nun gefragt, den eigenen gastronomischen Betrieb hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Vitalität auf Herz und Nieren zu prüfen. Nur wer genau weiß, wieviel ein Gericht tatsächlich kostet und wieviel Gewinn es erzielt, wer wirklich den Überblick hat, wie produktiv Mitarbeitende sind und welche zusätzlichen, fixen Kosten entstehen, kann überhaupt erkennen, wo es Schwachstellen gibt und wie diese "repariert" werden können.

Das alte Prinzip "Pi mal Daumen" beziehungsweise auch die klassische Form der Kalkulation, nämlich Wareneinsatz mal drei oder vier gleich Verkaufspreis, reicht heute nicht mehr aus. Zwei wesentliche Dinge helfen dabei, dass gastronomische Betriebe wirtschaftlich auf Erfolgskurs kommen und bleiben: Kennzahlen und (moderne) Kalkulation.

Im ersten Fall steckt die Erfolgsformel schon im Wort: Es geht um Zahlen, die man kennt. Sie werden aus Unternehmensdaten gewonnen und zur Analyse herangezogen: Wie gut geht es dem Unternehmen in Teilbereichen und im Ganzen? Für die Gewinnung dieser Kennzahlen braucht niemand ein Zahlen-Jongleur zu sein. Auch wer in erster Linie seine Gäste mit leckerem Essen und Gastgeber-Herzlichkeit glücklich machen will, kann sie problemlos identifizieren und anwenden: Denn die Kennzahlen sammelt ein modernes Kassensystem, und für ihre Analyse wiederum gibt es zahlreiche Software-Lösungen für Liquiditäts- und Rentabilitätsplanung, Wareneinsatz-Kalkulation, effektive Personaleinsatzplanung und vieles mehr. Dazu mehr in unserem Digitalisierungs-Schwerpunkt.

ein modernes, designaffines System fördert die Arbeitsqualität

Typische „Gastro-Kennzahlen“ sind zum Beispiel:
 
Wareneinsatz in Prozent = Wareneinsatz x 100 : Nettoumsatz
Personalkosten in Prozent = Personalkosten x 100 : Umsatz
Umsatz pro Gast = Umsatz : Gäste
Nettoverkaufspreis = Bruttoverkaufspreis - Wareneinsatz
Gewinn in Prozent = Gewinn x 100 : Nettoumsatz
Sitzplatzauslastung = Anzahl Gäste x 100 : verfügbare Sitzplätze


Besonders interessant sind Deckungsbeitrags-Kennzahlen. Man unterscheidet zwischen zwei Arten von Deckungsbeiträgen:
 
Deckungsbeitrag 1 = Nettoumsatz - Netto-Wareneinsatz
Deckungsbeitrag 2 = Nettoumsatz - Netto-Wareneinsatz - Personalkosten
 

Mit ihnen lässt sich die zeitgemäße Form der Kalkulation, die Deckungsbeitrags-Kalkulation, aufbauen. Ihr Vorteil gegenüber der klassischen Aufschlagskalkulation besteht darin, dass sie transparent macht, ob durch den Verkauf von Speisen und Getränken tatsächlich ein Gewinn für das Unternehmen erzielt wird. Denn auch die Vielzahl der über den reinen Wareneinsatz hinaus anfallenden Kosten – Mitarbeiter, Miete/Pacht, Energie, Tilgungen etc. – werden bei ihr in den Verkaufspreis bzw. in die Kalkulation hineingerechnet und nicht, wie bisher meist der Fall, allein mit dem Faktor X (durch einen Aufschlag mal drei bzw. vier) grob überschlagen, ohne ihre tatsächliche Größe – gesamt und pro Gericht – zu kennen.

Zutaten einkaufen - Kalkulation in der Gastronomie
 
Die einzige Herausforderung der Deckungsbeitrags-Kalkulation: Sie ist nicht einfach mal eben auf eine Formel zu bringen und aufwändiger. Vor allem das „Setup“ verlangt Zeit, Geduld und die Bereitschaft, viele kleine Details zu berücksichtigen. In Zeiten, in denen das Geschäft ohnehin brummte – die Gastronomie und Hotellerie blickt bekanntlich auf viele Wachstumsjahre zurück – war dieser erhöhte Aufwand vielleicht nicht immer nötig. Doch ob diese Zeiten so schnell oder überhaupt zurückkehren werden, ist fraglich. Darum ist es in der „Post-Corona-Gastronomie“ besonders wichtig, noch exakter zu kalkulieren.
 

Wie also gelangt ein gastronomischer Betrieb von der Aufschlags- zur Deckungsbeitrags-Kalkulation?

1. Im ersten Schritt werden die Warenkosten zur Herstellung eines Gerichts berechnet. Hierbei muss genau gemessen, gewogen und gezählt werden: Wie viel Gramm, Milliliter oder Stück pro Zutat benötigt ein Gericht? Man kann es auch so formulieren: Es geht darum, für jede Speise eine exakte Rezeptur zu entwickeln, wenn diese noch nicht vorhanden ist. Was nebenbei den Vorteil hat, dass Qualitätsschwankungen vermieden werden, sprich die Qualität immer gleich hoch ist.
 
Basierend auf dieser Fleißarbeit lässt sich der Deckungsbeitrag 1 ermitteln: Nettoumsatz pro Speise abzüglich des Netto-Wareneinsatzes.
 
2. Im nächsten Schritt kommen die Personalkosten zur Herstellung eines Gerichts hinzu: Wie viel Zeit benötigt ein Mitarbeiter, um die Speise herzustellen? Anhand der Kosten pro Mitarbeiter und Zeitaufwand ergibt sich der Deckungsbeitrag 2: Nettoumsatz pro Speise minus Netto-Wareneinsatz minus Personalkosten.
 
3. Jetzt geht es darum, die darüber hinaus anfallenden Kosten – Gemeinkosten – anteilig in die Speisen einzuberechnen. Früher war es für Betriebe kompliziert bis unmöglich, sie einem Kostenträger – also z.B. einer Speise – anteilig direkt zuzuordnen: Wie viel prozentualer Anteil des Stromverbrauchs geht in die Zubereitung eines Hauptgerichts? Doch dank moderner digitaler Tools wie z.B. dem Deckungsbeitrags-Kalkulator von liquiKIT ist dieses viel einfacher geworden: Die vielen Gemeinkosten, die in einem Betrieb anfallen, werden auf diese Weise auf die einzelnen verkauften Portionen umgelegt.
 
Beispiel: Der Gesamtumsatz setzt sich zu aus 70% Speisen und zu 30% aus Getränken zusammen. Also muss der Küchenumsatz 70% der Gemeinkosten decken. Angenommen, diese betragen 100.000 Euro im Jahr, so muss die Küche einen jährlichen Deckungsbeitrag von 70.000 Euro erzielen. Pro Gericht wiederum sind das durchschnittlich z.B. 7 Euro, wenn pro Jahr – das verrät das Kassensystem – 10.000 Stück verkauft werden. Mehr dazu hier.
 
Die entscheidende Frage dabei aber ist: Ist der Deckungsbeitrag je Speise hoch genug, damit auch jede einzelne Position die Gemeinkosten angemessen mitträgt? Der Durchschnitt alleine gibt darüber noch keine Auskunft. Logisch: Ein Dessert, das 5,90 Euro kostet, kann keinen Deckungsbeitrag von 7 Euro erzielen. Ob jede einzelne Position ihren guten deckenden Beitrag leistet, ermittelt die so genannte Speisendiagnose, anhand derer sich vier Arten von Produkten unterscheiden lassen: Gewinner, Renner, Schläfer und Verlierer.
 
Gewinner werden viel verkauft und haben einen hohen Deckungsbeitrag – sie gehören ins Zentrum der Karte, sind im Idealfall Spezialität des Hauses und sollten möglichst nicht verändert, sondern in der Rezeptur als erstes standardisiert (gleichbleibende Qualität) werden.
 
Renner sind bei Gästen beliebt und werden viel verkauft (man kennt die Aussage „das XY ist bei uns der Renner“), doch sie haben einen zu geringen Deckungsbeitrag. Hier bietet sich z.B. eine leichte Preiserhöhung an, aber auch Möglichkeiten effektiverer Zubereitung oder eine Reduktion der Portionsgröße sind denkbar. Die Anpassungen müssen im Nachgang und am besten regelmäßig überprüft werden.
 
Schläfer haben einen hohen Deckungsbeitrag, aber werden zu selten verkauft. Sie sollte man auf der Karte prominenter platzieren und durch den Service aktiv empfehlen.
 
Verlierer sind nicht beliebt und haben keinen guten Deckungsbeitrag. Man kann versuchen, sie anzupassen (anderer Preis, andere Portionsgröße) oder streicht sie von der Karte.

Kalkulation in der Gastronomie - Gericht wird garniert 


Die Summe aus Warenkosten, Personalkosten und Deckungsbeitrag ergibt die Kostendeckung. Der Name sagt es schon: Gewinn erzielt sie noch nicht. Diesen erzeugt der so genannte Gewinnaufschlag. Plus Mehrwertsteuer ergibt sich dann der Endpreis für den Gast.
 
Buchtipps: Das Arbeitsbuch „Der Weg zur einzig profitablen Preispolitik für die Gastronomie“ von Uwe Ladwig zeigt die Vorteile von Speisendiagnose und der Berechnung von Deckungsbeiträgen auf. Speziell für neue oder noch junge Unternehmen gibt es „start-up“ von Gerold Dawidowsky, mit Checklisten, Vorlagen und Kennzahlen fürs Gastro-Controlling.
 
 

Unsere Gastro Consultants unterstützen Sie! 

Hilfestellung bei der Analyse der Kennzahlen, Berechnung des Soll-Deckungsbeitrags, Optimierung der Speisekarte und mehr: Die METRO Gastro Consultants helfen Ihnen, den Gewinn Ihres Betriebs zu verbessern. Interesse? Wenden Sie sich einfach an Ihr Kundenmanagement!
 

„Die Deckungsbeitragskalkulation dient dem Wohl der Gastronomen“

 
Mit Götz Braake, Berater, Gastro- und Zahlenexperte und Leiter des Gastro Consulting Teams, sprachen wir über die wirtschaftlichen Vorteile von detaillierten Rezepten, warum Gastronomen das Rechnen nicht dem Steuerberater überlassen sollten und weshalb Speisen außer Haus einen eigenen Preis benötigen.

Götz Braake, Berater, Gastro- und Zahlenexperte

 
Herr Braake, wie können Gastronomen ihre Wirtschaftlichkeit verbessern?

Als erstes sollten sie eine Aufstellung machen: Wie groß sind meine Reserven, was sind meine zu erwartenden Ausgaben in der nächsten Zeit, wie weit reicht meine Liquidität noch und welche der Hilfestellungen des Staates sollte ich in Anspruch nehmen? Dafür braucht man Zahlenwerk - und das sollte man nicht nur dem Steuerberate überlassen: Einnahmen, Ausgaben, zu erwartender Gewinn, wo kann ich optimieren - diese Dinge sollten die Gastronomen selbst analysieren.
 
Mit welchem Tool lässt sich das denn machen?
 
Zum Beispiel mit liquiKIT. Es hat zwei Komponenten: Im „calculator“ können Betriebe anhand von sieben Parametern ihre wirtschaftliche Situation darstellen und erhalten Handlungsempfehlungen, zum Beispiel Speisen neu zu kalkulieren oder Überproportionen zu vermeiden. Der zweite Teil, der „plan“, ermöglicht eine monatsweise Liquiditätsberechnung: Welchen Liquiditätsbedarf habe ich? Und wie kann ich klassisch schwache Monate wie den Januar und den Februar abdecken?
 
Ein Weg zu mehr Liquidität ist mehr Gewinn – hierbei unterstützt die Deckungsbeitragskalkulation?
 
Mehr noch: Sie ist die Basis des gesamten betriebswirtschaftlichen Handelns! Für viele Gastronomen ist sie allerdings so attraktiv wie das Weihwasser für den Teufel. Viele kalkulieren, wenn überhaupt, auch heute noch mit der Aufschlagskalkulation, die man mal in der Berufsschule gelernt hat. Die ist bei der Kostenexplosion, wie wir sie heute haben, aber veraltet. Wir nehmen stattdessen die tatsächliche Kostenstruktur eines jeden Betriebs und errechnen daraus: Wie viel Deckungsbeitrag muss dieser erwirtschaften, damit die Kosten gedeckt sind? Und wir berechnen eine Marge oben drauf, um am Ende natürlich auch einen Gewinn zu erzielen.
 
Das klingt gut, doch wie funktioniert das?
 
Wir machen eine Speisendiagnose. Wir ziehen uns aus der Kasse die Daten der Verkäufe und klassifizieren die Speisen in vier Kategorien: Erstens die Gewinner, die am meisten verkauft werden und den höchsten Deckungsbeitrag haben. Zweitens die Renner, die werden viel verkauft, haben aber einen zu geringen Deckungsbeitrag. Drittens die Schläfer: Guter Deckungsbeitrag, aber zu seltener Verkauf. Und drittens die Verlierer<, die keinen guten Deckungsbeitrag haben und zu wenig verkauft werden.
 
Die Verlierer fliegen, nehmen wir an, von der Karte runter?
 
Genau, und die anderen berechnen wir neu und platzieren sie dann entlang einer psychologischen Lesekurve an bestimmten Stellen in der Speisekarte, um aus Rennern und aus Schläfern ebenfalls Gewinner zu machen.
 
Man kennt das als Gast von Speisekarten, in denen bestimmte Gerichte auf einem farblich hervorgehobenen Feld stehen oder umrahmt von einer gestrichtelten Linie.
 
Oder mit der Überschrift: „Die Lieblingsgerichte unserer Gäste“ bzw. „Empfehlung des Küchenchefs“. Auch wenn der Service Speisen empfiehlt mit hohem Deckungsbeitrag empfiehlt, bringt etwas für das betriebswirtschaftliche Ergebnis.
 
Kommen wir nochmal zur Kalkulation des Deckungsbeitrags. Angenommen, es wurde bisher einfach mit dem Faktor X, also mal drei oder vier, aufgeschlagen. Wie geht man dann zur DB-Kalkulation über?
 
Wenn es bereits eine Aufschlagskalkulation gibt, dann liegt ja auch eine Rezeptur vor. Das ist gut, denn das ist die Grundvoraussetzung. Ich muss ja erkennen können: Wie hoch ist mein Wareneinsatz überhaupt? Aber auch eine Rezeptur liegt nicht immer vor, weil es vielen als lästig erscheint.
 
Dann kann man den Wareneinsatz nicht ordentlich berechnen.
 
Korrekt. Deswegen ist unser Ziel, Gastronomen dahin zu bringen, Speisen zu rezeptieren und Qualitätssicherung zu betreiben, sodass es keinen Unterschied macht, ob Mitarbeiter A oder B in der Küche steht: Es schmeckt gleich und die Portionen sind gleich groß. Das garantiert neben der gleichbleibenden Qualität auch den Erfolg für den Betrieb. Wir wollen niemandem damit weh tun, sondern wollen den Gastronomen über die Deckungsbeitrags-Kalkulation davon überzeugen: Es ist zu deinem Wohl, das so zu machen. Und wir fangen auch erst einmal mit den ersten drei wichtigsten Gerichten an und berechnen den Wareneinsatz auf Gramm, Milliliter und Stück genau. Auf den Wareneinsatz schlagen wir dann anhand der Daten aus der betriebswirtschaftlichen Analyse den Deckungsbeitrag auf. Das deckt dann die Kosten. Und um Gewinn zu machen, kommt noch eine Marge dazu.
 
Wie hoch sollte diese sein?
 
Das hängt vom Einzelfall und der Verteilung der Umsätze auf Food und Beverage ab. Foodlastigere Betriebe sollten zwischen 13 und 22 Prozent Gewinn erwirtschaften, getränkelastige Betriebe zwischen 20 und 35 Prozent.
 

Wie ist das mit dem Kostenfaktor Personal? Der ist ja neben dem Wareneinsatz der zweite große Kostenblock.
 
Die Personalkosten sind im Deckungsbeitrag inkludiert. Die Produktivität eines einzelnen Mitarbeiters können wir anhand der Kassendaten und dem Dienstplan analysieren: In welchen Zeiträumen beispielsweise verliert ein Betrieb Geld, weil zu viele Leute da sind, denen im Moment zu wenig Umsatz gegenübersteht? So können wir Hinweise geben, den Dienstplan anders zu gestalten und positiv steuern.
 
Stichwort Außer-Haus-Verkauf – der ja für viele Betriebe wichtiger ist als je zuvor: Macht hier eine gesonderte Kalkulation Sinn?
 
Ja! Leider werden die Preise aus der Karte fast immer eins zu eins übertragen – weil im Restaurant der meiste Gewinn mit den Getränken gemacht wird. Außer Haus aber sind 90 bis 95 Prozent der Waren Speisen, das heißt: Die ganze Gewinnmarge im Bereich der Getränke fällt nahezu komplett weg. Hinzu kommt: Außer Haus hat man wesentlich mehr Kosten. Für die Verpackung, vor allem aber für Kommissionen der Lieferdienste in Höhe von meist 30 Prozent. Meine Empfehlung hier ist, sich umzuschauen, ob man den Verkauf nicht über die eigene Webseite leisten kann – zum Beispiel mit DISH Order –, um diese Kosten zu vermeiden. Das Außer-Haus-Geschäft, das ist ganz klar, wird zu einem Dauerthema. Deswegen sollte es jeder Gastronom auch kalkulatorisch richtig aufstellen.
 
 
Mehr Informationen zu den METRO Services für die Gastronomie:
www.metro.de/services/gastro-services

 
Vielen Dank, Herr Braake.